BAGAGE News N° 5 vom 15.06.2023
Die Holzwerkstatt mit knappen Mitteln
Werkeln macht nicht nur Kinder froh. In der Holzwerkstatt erleben wir beispielhaft, wie wichtig es sein kann, Kindern gleich richtiges Werkzeug in die Hand zu geben anstatt "Spielzeug", das aussieht wie Werkzeug. Auch wenn das Werkzeug in der Holzwerkstatt nicht wirklich Spielzeug ist, wäre es schön, wenn ein spielerischer Umgang damit gelingen könnte.
Bevor wir Kindergartenkinder in die Holzwerkstatt lassen, sollten wir als Erwachsene selbst ziemlich genau wissen, was mit welchen Werkzeug leicht oder schwer geht. Es macht durchaus Sinn, auch die einfachen Mittel der Holzbearbeitung erst selbst auszuprobieren und dabei der Phantasie freien Lauf zu lassen.
Freier Geist, festes Werkstück
Der Geist ist frei, aber das Werkstück, das wir bearbeiten wollen, muss ganz fest sitzen und darf nicht wackeln. Das ist insbesondere dann eine Herausforderung, wenn wir nicht über eine Werkbank mit einem guten Holzschraubstock verfügen. Eine Alternative kann ein mobiler Schraubstock sein. Der wird dann an einen normalen, aber nicht allzu empfindlichen Tisch geschraubt. Beim Kauf sollten wir darauf achten, dass die Befestigung am Tisch sehr solide ist. Gerade wenn wir lange Werkstücke bearbeiten, wirken da beachtliche Kräfte.
Die andere Alternative sind Schraubzwingen. Allerdings sind die für kleine Kinder schwer zu handhaben, da brauchen sie erwachsene Hilfe. Bei Schraubzwingen muss der Schuh (dasunbewegliche Oberteil) satt und gerade aufsitzen. Wenn wir dann mit dem Teller zudrehen, darf das Werkstück sich nirgends anders hinbewegen als nach unten. Fatal sind alte, verrostete Schraubzwingen, weil sich da der Teller mitdreht und wir unmöglich Kraft in die richtige Richtung ausüben können. Ein paar Tropfen Öl am Gewinde lösen das Problem normalerweise.
Bleibende Verbindungen
Zunächst geht es um Holzverbindungen. Wir wollen uns aufs Kleben und Nageln konzentrieren, vielleicht brauchen wir auch einmal eine Schraube.
Wollen wir zwei Werkstücke mit einer Holzschraube verbinden, müssen wir zunächst ein Loch in eines der Holzstücke bohren, das etwas breiter ist als die Schraube dick. Das Schraubgewinde bohrt sich also nur in das untere Holzstück, das obere Werkstück wird nur gehalten.
In der Holzwerkstatt kleben wir normalerweise mit Holzleim. Der ist etwa nach einer Stunde trocken, zumindest wenn „express“ auf der Tube steht. Es gibt auch „wasserfesten“ Holzleim, der empfiehlt sich für Sachen, die nachher draußen stehen. Beim Leimen ist entscheidend, dass beide Flächen glatt und gerade sind und dass wir sie gut aufeinander pressen können. Das tun wir normalerweise mit Schraubzwingen und bei Bedarf mit Zulagen, damit wir keine Druckstellen ins Werkstück pressen.
Das Nageln ist vielleicht die handwerklich einfachste Art der Verbindung, dennoch braucht es etwas Übung. Zum Üben macht es Sinn, einfach ein paar Nägel in einen Balken zu hauen. Der Stiel des Hammers wird dabei weit unten gehalten nicht oben beim Hammerkopf. Dadurch haben wir viel mehr Kraft. Nagel krumm gehauen? Macht nichts, einfach mit dem nächsten probieren! Zum Verbinden zweier Werkstücke, zum Beispiel Dachlatten-Abschnitte brauchen wir mindestens zwei Nägel, wenn wir nur einen nehmen, wirkt das wie ein Gelenk. Die zwei Nägel geben noch besseren Halt, wenn sie nicht ganz gerade sondern leicht schräg in verschiedene Richtungen eingeschlagen werden.
Die einfache Holzwerkstatt
Nicht alle Kindertageseinrichtungen, die gerne eine Holzwerkstatt anbieten wollen, haben viel Platz und auch nicht alle haben viel Geld, um sich teures Werkzeug leisten zu können. Abgenutztes Werkzeug ist allerdings das falsche Ende zum Sparen. Als Grundausstattung sollten so viele Hämmer und Sägen da sein, wie Kinder gleichzeitig betreut werden können. Bei den Sägen empfiehlt sich die Japansäge, weil sie sehr scharf ist und damit schnell zum Erfolg führt. Natürlich muss die Vorsicht vor der scharfen Klinge erlernt werden. Stumpfes Werkzeug ist allerdings sehr viel unfallgefährlicher als scharfes, unter anderem weil es zu unsachgemäßem Gebrauch (z.B. zu viel Druck) verleitet.
Meterstab, Bleistift, Zange, Raspel, Feile und Schleifpapier sollten im Werkzeugkasten sein und am Bohrer scheiden sich die Geister: Bisher ist uns noch kein Handbohrer begegnet, der wirklich kindgerecht wäre. Am leichtesten ist vielleicht ein Drillbohrer zu handhaben. Leichter, aber sehr umstritten sind kleine Akkubohrer wie sie schon sehr günstig im Baumarkt zu haben sind. Wenn die im Einsatz sind, gehören lange Haare unter eine Mütze oder ein Stirnband.
Ihr seid am Zug
Bevor wir ernsthafte Holzprojekte starten, soll der Werkzeuggebrauch ohne jede Zielorientierung geprobt werden. Dachlatten und Nägel sind relativ billig, hier ist Großzügigkeit angebracht. Wenn dann einige Stücke von einer Dachlatte heruntergesägt sind, können wir sie aufeinander nageln, mit Raspel, Feile und Schleifpapier abrunden, feinschleifen und schließlich bunt anmalen. So können Wagons eines Zuges entstehen, den wir jetzt noch verbinden wollen.
Die teuerste Variante sind Haken und Ösen aus dem Bastelgeschäft. Wir können stattdessen auch einfach Nägel zur Hälfte in die Stirnseite des Holzstückes klopfen und sie dann krumm biegen. So entsteht ein preiswerter Haken. Wir können auch aus einem alten Fahrradschlauch einen Riemen schneiden und den mit Dachpappennägeln an die Unterseiten befestigen.
Wer sich mit so einfachen Zügen nicht zufriedengeben will, baut richtige Achsen und Räder unten dran. Die Räder werden von einem runden Ast, mindestens 2,5 cm dick, heruntergesägt, das müssen sehr wahrscheinlich Erwachsene tun. In die Mitte der Astscheibe wird ein Loch gebohrt genau mit dem Durchmesser eines Rundstabes (3-5 mm), von dem Abschnitte in der Breite des Zuges heruntergesägt werden. Nun die Räder auf den Abschnitt vom Rundstab stecken und fertig ist die Achse. Die wird mit Krampen oder krumm gebogenen Nägeln an der Unterseite der Wagons befestigt und los geht der Zug.
Natürlich kann auch mit vielem anderen Material, zum Beispiel mit Fundstücken aus dem Wald, gewerkelt werden. Das Wichtigste ist bei allem Werkzeuggebrauch, dass das Werkstück nicht wackelt, sondern fest sitzt.
Wer dies und noch ein paar andere Ideen in der Praxis erleben will, melde sich am besten zur Fortbildung „Holzwerkstatt“ von BAGAGE an. Die Fotos sind von Dingen, die bei der letzten „Holzwerkstatt“ entstanden sind.