BAGAGE News N° 9 vom 10.10.2024
Kontinuität und Wandel
Interview mit unserer neuen Kollegin Heike Hatterscheidt
BAGAGE News: Herzlich willkommen, Heike! Seit letzter Woche bist Du unsere neue Kollegin bei BAGAGE. Warum hast Du Dich für die Stelle bei BAGAGE entschieden?
Heike: Ich habe viele Jahre Kita-Alltag hinter mir und habe mir überlegt, mich beruflich zu verändern. Ich wollte aber weiterhin mit Menschen und mit Pädagogik zu tun haben.
So habe ich mir überlegt, was mir in den letzten Jahren Spaß gemacht hat und da fiel mir gleich BAGAGE ein. Es war so etwas wie Fügung, dass ausgerechnet zu dieser Zeit die Stellenausschreibung auf der Webseite von BAGAGE war. Ich habe mir nochmal die Leitsätze durchgelesen und mich darin direkt wiedergefunden. Damit war klar, dass ich mich bewerbe.
Du warst jahrzehntelang in der pädagogischen Praxis. Gibt es pädagogische Leitsätze, die Deine Arbeit begleitet haben?
Die Bedürfnisse von Kindern und Eltern zu erkennen und ernst zu nehmen ist für mich das Wichtigste. Auch die Ermutigung, ihre Bedürfnisse auszudrücken ist wesentlich. Leider können wir in der Praxis nicht allen Bedürfnissen gerecht werden.
Was unterscheidet die Kita, in der Du gearbeitet hast von anderen?
Das ist schwer zu beantworten, weil ich ja von Anfang an in dieser Kita gearbeitet habe. Aber sie ist eine so genannte Brennpunktkita mit einem Migrant:innenanteil von etwa 98%. Die große Vielfalt bei Kindern und Eltern spiegelte sich auch in unserem Team wider, wo man sich bei aller Unterschiedlichkeit gut ergänzt hat. Wir hatten ein relativ konstantes Team mit wenig Wechsel, das hat sehr viel ausgemacht.
Was hat Dir in der praktischen Arbeit am wenigsten Spaß gemacht?
Die Portfolioarbeit, weil es nicht realistisch ist, als Erzieherin einfach nur dazusitzen, zu beobachten und zu dokumentieren. Natürlich sprechen mich Kinder an und bitten um etwas, wenn ich da bin. Manche Kitas haben es mit roten Schleifen oder einem Hut probiert um zu zeigen, dass diese Erzieher:in jetzt nicht angesprochen werden soll, aber das ist utopisch.
Um Fachkräfte wirklich nur fürs Beobachten abzustellen, haben wir viel zu wenig Personal. Aber natürlich haben wir beobachtet, nur eben nicht genau so wie es konkrete Konzepte vorsehen. Eine stetige Beobachtung und Dokumentation von Zeit zu Zeit lässt sich besser im Alltag verwirklichen.
Und was hat Dir am meisten Spaß gemacht?
Die Arbeit mit den Kindern natürlich. Die Interessen der Kinder erkennen und sie direkt bei ihrer intrinsischen Motivation abholen.
In welchen Bereichen findest Du Fortbildung für Pädagog:innen am wichtigsten?
Vieles ist sehr wichtig, aber die Kreativität ist ganz essentiell.
Fast ebenso wichtig ist, sich immer wieder zu hinterfragen, vor allem bei der Arbeit mit Kindern, die einen erhöhten Förderbedarf haben. Symptome wie Autismus, Sprachschwierigkeiten oder Konzentrationsunfähigkeit werden eindeutig häufiger, bei uns waren etwa zwei Drittel der Kinder auf die ein oder andere Art betroffen.
Auch Bewegung im Alltag ist ein Bereich, bei dem Schwierigkeiten auffallen und wo eine Weiterqualifizierung der Fachkräfte sinnvoll ist.
Hat die Pandemie 2020-2022 die Realität in der pädagogischen Praxis verändert?
Das war wirklich eine schwierige Zeit. Der Wechsel vom offenen Konzept ins Geschlossene und dann wieder zurück war nicht einfach. Man hat auch gemerkt, dass ein fester Rahmen in der Gruppe für manche Kinder vorteilhaft ist. Das betrifft vor allem die Kinder, die reizoffen und sprunghaft sind. Die kommen teilweise mit einer festen Aufteilung besser zurecht. Auch die Gruppendynamik einer festen Gruppe ist für manche Kinder gut. Deshalb arbeitet die Kita jetzt mit einem teiloffenen Konzept.
Eine weitere Veränderung seit der Pandemie ist der Umgang mit Infekten. Kinder werden sofort heimgeschickt, wenn sie Symptome zeigen, weil das Team Angst vor weiteren Ausfällen hat. Diejenigen, die da sind müssen es eben tragen, wenn andere krank sind.
Wenn Du Kultusministerin wärst, was würdest Du ändern?
Ich würde eine bessere Bezahlung durchsetzen, auch wenn der Beruf inzwischen eigentlich ganz ok bezahlt ist. Aber für die Verantwortung, die wir tragen, ist es immer noch viel zu wenig. Wenn die Rahmenbedingungen besser wären, wäre der Beruf auch interessanter und wir hätten weniger Personalnot. Auch der Quereinstieg, um sich als Fachpersonal zu qualifizieren, sollte erleichtert und besser gefördert werden. Abseits vom Finanziellen wünschen wir uns mehr Wertschätzung.
Und wenn Du eine gute Fee mit Superkräften wärst?
- Weltfrieden
- Die Weltmeere reinigen
- Jedem Menschen ermöglichen, das zu tun auf was er Lust hat
- Alle haben genug Gesundes zu essen und zu trinken
Wie wird sich BAGAGE mit Dir verändern?
Da bin ich gerne erstmal zurückhaltend. Allerdings kann die Öffentlichkeitsarbeit etwas modernisiert werden. Auf Instagram könnten viel mehr jüngere Erwachsene erreicht werden, wenn wir da etwas Arbeit investieren.
Bei den Themen kann es gut für BAGAGE sein, dass ich so nahe an der Kitapraxis bin und weiß, wo der Schuh drückt. Die Frage ist immer, was man zukunftsorientiert nach vorne bringen kann.
Wie willst Du in Erinnerung bleiben?
Als Anker. Als zuverlässige Ansprechpartnerin, Begleiterin und Unterstützerin.