BAGAGE News N° 8 vom 06.05.2024
Werden Babys doch vom Storch gebracht?
Vorurteile von Eltern über die sexualpädagogische Erziehung
von Angela Hollstein
Die Kommunikation mit Eltern zu kindlicher Sexualität ist eine große Herausforderung im Kita-Alltag. „Mein Kind hat keine Sexualität“, „Ich erzähle meinen Kindern, dass Gott sie geschickt hat und möchte nicht, dass Sie in der Kita etwas Anderes erklären“, „Mein Kind darf die anderen Kinder nicht nackt sehen, das gehört sich nicht“ und „Ich hoffe, Sie geben den Kindern bei der Hitze die Möglichkeit nackt zu spielen“ sind einige Beiträge von Eltern, die mir bei Elternabenden oder von Fachkräften berichtet werden.
Neben der bekannten Unterschiedlichkeit in der kindlichen Erziehung von Eltern spielen beim Thema „kindliche Sexualität“ auch die eigene Sozialisierung und Erfahrungen insbesondere im Kinder- und Jugendalter eine Rolle. Dazu kommen Scham und Schamabwehr, kulturelle Unterschiede und Vorurteile.
Dabei ist die kindliche Sexualität wichtig für die Entwicklung von Kindern und dient unter anderem der Entdeckung der eigenen geschlechtlichen Identität. Kindliche Sexualität unterscheidet sich dabei von der erwachsenen Sexualitä. Sie ist egozentrisch und auf ein lustvolles Erleben des Körpers mit allen Sinnen gerichtet. Sie ist nicht auf genitale Sexualität fixiert.
Bei Fragen der Kinder rund um die Geburt oder zu Geschlechtsunterschieden helfen Bücher, eine altersgemäße Sprache zu finden und Vorgänge kindgerecht zu erklären.
Bei "Doktorspielen" als körperliche Variante von Rollenspielen sind Regeln genauso wichtig, wie bei anderen Spielen. Diese geben Orientierung und Sicherheit, geben Erlaubnis und setzen Grenzen und im Kita-Alltag natürlich auch einen rechtlichen Rahmen.
Wichtig ist bei der Auseinandersetzung mit dem Thema, dass das Kita-Team den Eltern mit einer gemeinsamen Haltung gegenübertritt und damit Klarheit und Professionalität ausstrahlt. Workshops zum Thema und die gemeinsame Erstellung eines sexualpädagogischen Konzepts für die Einrichtung durch das Team kann Sicherheit bei den Themen „Doktorspiele“, „Übergriffe unter Kindern“ und „Kommunikation mit den Eltern“ geben. Bei einem Schwerpunkt-Elternabend können z.B. Ängste durch die Eltern angesprochen und die fachlich fundierte Haltung der Einrichtung transparent vermittelt werden.
So kann zum Beispiel eine Reaktion auf Einwände von Eltern sein, dass Kinder altersgemäße Antworten bekommen, wenn sie Fragen stellen. Fragen zu Sexualität gehören zu den vielen natürlichen und wichtigen Fragen von Kindern und es ist ein Teil des Bildungsauftrages der Kita, darauf angemessene Antworten zu geben. Die spirituelle Erklärung, dass Kinder von Gott geschickt wurden und die biologische Erklärung können sich ergänzen und schließen einander nicht aus.
Eine gemeinsame professionelle Haltung als Team beim Thema „kindliche Sexualität“ trägt zu einem transparenten Umgang mit Eltern und Kindern bei und verschafft allen Beteiligten eine wichtige psychologische Sicherheit.
Weiterführende Literatur:
- Sexualpädagogik in der Kita / Jörg Maywald
- Von wegen Bienchen und Blümchen! Carsten Müller
Spielerische und moderne Auseinandersetzung mit Themen rund um Aufklärung, Gefühle und Körperwissen, farbenfrohe Illustrationen mit starker Message von Emily Claire Völker, die Kinder und Erwachsene gleichermaßen begeistern. Zahlreiche Tipps für frühzeitige Sexualerziehung: vom eigenen Körper, den eigenen Gefühlen und Sex bis zu Familienmodellen, Liebe, Partnerschaft & Co. - Mein erstes Aufklärungsbuch: Aufklärung für Kinder ab 5 / Pro Familia (Herausgeberin) Einfühlsame Geschichten rund um die Themen Liebe, Sexualität und Emotionen erleichtern das Sprechen über eigene Gefühle und Erlebnisse. Das hilft Kindern, sich in ihrem sozialen Umfeld besser zurechtzufinden und stärkt ihr Selbstbewusstsein.
- Peter, Ida und Minimum / Grethe Fagerström
Klassiker der Aufklärungsbücher für Kinder als Comic - Bücherliste für geschlechtssensible Arbeit: http://www.gender-kinderbuch.de/buch.htm